Gemeinsamkeiten der Studie für Augsburger Klimaschutzprogramm und Verkehr 4.0

Im November 2021 wurde die Studie Klimaschutz 2030: Studie für ein Augsburger Klimaschutzprogramm für die Stadt Augsburg veröffentlicht. Auf dieser Seite werden wesentliche Punkte von Verkehr 4.0 mit Vorschlägen aus der Studie belegt.

Alle folgenden Bildausschnitte und als Zitat markierten Textstellen wurden der Studie “Klimaschutz 2030:
Studie für ein Augsburger Klimaschutzprogramm”; KlimKom, Oktober 2021, Hummeltal; Erarbeitet im Auftrag der Stadt Augsburg; entnommen.

“Die bisherige Beschlusslage der Stadt Augsburg orientiert sich an den Zielen des Klimabündnisses (www.klimabuendnis.org), dem die Stadt beigetreten ist. Das Ziel für 2030 ist die Reduzierung der jährlichen CO2-Emissionen pro Einwohner auf 50 Prozent des Wertes von 1990.” [Seite 14]

An dieser Stelle ist anzumerken, dass das Bundes-Klimaschutzgesetz §3 (06/2021) 65% weniger CO2 bis 2030 bezogen auf 1990 vorschreibt. Da im Verkehrssektor der Endenergieverbrauch seit 1990 um über 15% angestiegen ist, müssen die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor bis 2030 um 70% reduziert werden [Bild 1]. In Glasgow wurde soeben die 1,5°C Grenze nochmals klar festgelegt. Dieses Ziel wird mit den oben genannten Vorgaben der Studie nicht berücksichtigt.


“Der Masterplan nachhaltige und emissionsfreie Mobilität enthält darüber hinaus weitere Handlungsbereiche und Maßnahmen im Bereich Verkehr. Auch diese gilt es im Sinne des Klimaschutzes umzusetzen…. Durch Stadtumbaumaßnahmen muss Raum für den Ausbau des Umweltverbunds geschaffen werden, denn ein kompletter Ersatz von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch EFahrzeuge auf dem Niveau der heutigen Zulassungszahlen ist aus folgenden Gründen nicht erstrebenswert…” [Seite 46]

Unter Umweltverbund wird der Fern- und Nahverkehr als auch Radfahrer und Fußgänger verstanden. Mit der Umsetzung von Verkehr 4.0 ist eine deutliche Reduzierung des MIV (motorisierter Individualverkehr) möglich, was zu einer Entlastung des Straßenraumes führt und somit Raum für den Umweltverbund und Aufenthaltsflächen für Menschen schafft.


“Deshalb empfehlen wir zur Substitution des fossilen MIV (MIVfossil) eine Strategie, die nicht nur auf Elektrifizierung setzt, sondern durch einen breiten Strategieansatz die Fahrleistungen des gesamten MIV bis 2040 um 50% reduziert und schon vor 2030 durch Verkehrsverlagerung zum Umweltverbund und der Vermeidung von Fahrten im MIV fossil zu wirken beginnt. Dabei müssen die ein- und ausbrechenden Verkehre besonders berücksichtigt werden, weil auf den längeren Fahrtstrecken der Anteil des MIV besonders groß ist.” [Seite 47]

Mit den vorgeschlagenen Schnellbuslinien auf allen Bundesstraßen und der A8 können vor allem die “ein- und ausbrechenden Verkehre” substituiert werden. Wichtig ist es, dass die Schnellbuslinien nicht an der Stadtgrenze enden, sondern dass die Buslinien bis mindestens zum ersten dezentralen Schnellbuskreuz weiterfahren. So ist es möglich, auf dem Weg dort hin in die kreuzenden Straßenbahnlinien für die Weiterfahrt zu wechseln. Des weiteren wird die Fahrzeit gegenüber der Fahrt durch die Innenstadt deutlich reduziert. Eine Entlastung des ÖPNV in der Innenstadt ist dringend geboten, um Kapazitäten für weitere zusätzliche Fahrgäste im Innenraum zu schaffen.

Maßnahmen:

“Ausbau und Optimierung des Umweltverbunds
Für eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs gilt es das Bedürfnis nach einem eigenen Pkw zu reduzieren, indem sich der Umweltverbund als eine attraktivere und komfortablere Alternative entwickelt. Hierfür sollen multimodale Angebote geschaffen und Mobilitätsketten ausgebaut werden (Pull-Faktoren). Dazu zählt der Ausbau von Straßenbahn- und Buslinien, Fuß- und Fahrradwegen sowie eine attraktive Angebots- und Tarifgestaltung. Für den Fall von Kapazitätsengpässen für den zusätzlichen Bau von Straßenbahnlinien sollte bis zur Fertigstellung der temporäre Einsatz von Bussen geprüft werden.” [Seite 54]

Dieser Vorschlag für Maßnahmen beschreibt den Hintergrund des Mobilitätskonzeptes Verkehr 4.0 sehr treffend. Zum einen wird die Erweiterung des ÖPNV-Netztes gefordert, indem die Mobilitätsketten ausgebaut werden. Wichtiger Teil der Mobilitätsketten sind die zusätzlichen hoch frequentierten Buslinien, mit denen die Lücken im Augsburger Nahverkehrsnetz schnell und effektiv geschlossen werden können. Eine Umsetzung von Verkehr 4.0 ist bis 2026 gut realisierbar. Nach Etablierung eines sehr guten ÖPNV-Netzes bis 2026 können die am meisten frequentierten Linien mit einem Schienenverkehr substituiert werden. Die neu geschaffenen Schnellbuslinien haben auf den gesamten heutigen ÖPNV-Verkehr eine Push-Pull Funktion.

“Optimierung und Ausbau integrierter Stadt- und Regionalverkehr Lange Wege müssen schon in der Region abgefangen werden. Wichtig hierfür ist ein schnelles und einfaches Mobilitätssystem. Neben einer optimierten Einbindung des Schienenpersonennahverkehrs in den allgemeinen ÖPNV könnte der AVV-Regionalbus zusätzliche Fahrten in Richtung Stadtzentrum ermöglichen. Darüber hinaus ist an vielen Umstiegsplätzen die Aufenthaltsqualität und räumliche Verknüpfung optimierungswürdig. Umgekehrt sind beispielsweise für den Freizeitverkehr direkte Wegeverbindungen mittels ÖPNV zu den einschlägigen Freizeitdestinationen sinnvoll.
Der Regionalbus könnte auch eine zusätzliche Erschließungsfunktion übernehmen, indem periphere und derzeit nicht optimal angebundene Stadtgebiete, wie bspw. der Bärenkeller oder das Gewerbegebiet Lechhausen-Ost zusätzlich, erschlossen werden. Die Straßenbahn trägt dagegen die Grundlast des kommunalen ÖPNV und der Stadtbus übernimmt die Feinerschließung in die Wohn- und Gewerbequartiere wie auch die Zubringerfunktion zur Schiene.
Für die Gestaltung der Mobilitätswende ist das zeitliche Moment von ausschlaggebender Bedeutung. Bis zur Fertigstellung der entsprechenden Infrastruktur könnten, sofern nicht ohnehin bereits Taktverkehre auf den betreffenden Relationen eingerichtet sind, Interimslösungen über zusätzliche Stadt- oder Regionalbusverkehre im Rahmen der Fortschreibung des Nahverkehrsplans geprüft werden.” [Seite 55]

Dieser Absatz kann als Beschreibung von Verkehr 4.0 gesehen werden. Durch die vorgeschlagene Ringbuslinie auf der B17, A8 und Schleifenstraße werden genau die angesprochenen Gebiete Bärenkeller oder Lechhausen Ost (mit den Industriegebieten) deutlich besser erschlossen. Die Aufenthaltsqualität der Umstiegsplätze wird bei Verkehr 4.0 mit den Schnellbuskreuzen realisiert. Verkehr 4.0 fordert eine Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2026 und eine Verdreifachung bis 2030, was vermutlich nur mit den neu zu etablierenden Schnellbuslinien erreichbar ist.

Das ambitionierte Zwischenziel geht noch über die Forderung von Verkehr 4.0 hinaus.

“Finanzierung ÖPNV: Sowohl der Ausbau als auch der Betrieb des ÖPNV müssen stärker gefördert werden. Mit der jüngsten Novellierung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) vom 20. Januar 2020 wurde beschlossen, die Mittel für den Ausbau des ÖPNV, die Seitens des Bundes direkt an die Kommunen ausgeschüttet werden, zu erhöhen. Diese Mittel müssen noch erweitert werden, um auf Maßnahmenebene das bundespolitische Ziel einer Verdopplung des ÖPNV bis 2030 zu erreichen.” [Seite 59]

Für die Verdopplung des ÖPNV in Augsburg muss diese als Entwicklungsgrundlage in den Nahverkehrsplan einfließen. Durch mehrere Bürgeranträge versuchen Unterstützer von Verkehr 4.0, eine Verdopplung bis 2026 und eine Verdreifachung der Fahrgäste bis 2030 im Nahverkehrsplan als bindendes Ziel festzuschreiben.

“11. „Optimierung und Ausbau integrierter Stadt- und Regionalverkehr“
Beschreibung
Lange Fahrten mit dem Pkw machen den Großteil der Emissionen im Bereich des Verkehrs aus. Daher muss eine Mobilitätswende auch Verkehre über die Stadtgrenze hinaus im Blick haben. Dies betrifft in erster Linie Ein- und Auspendler, den Bildungs- sowie den Freizeitverkehr. Für diese Zielgruppen muss der ÖPNV eine attraktive Alternative zum eigenen Pkw sein. Für Pendler bedeutet das insbesondere sie dort abzuholen, wo die Entscheidung zur Verkehrsmittelwahl entsteht, nämlich am Wohnort. Lange Wege müssen schon in der Region abgefangen werden. Park+Ride-Anlagen sollte es daher nicht erst an der Stadtgrenze geben. Wichtig ist ein schnelles und einfaches Mobilitätssystem. Neben einer optimierten Einbindung des Schienenpersonennahverkehrs in den allgemeinen ÖPNV könnte der AVV-Regionalbus verstärkt direkte Fahrten in Richtung Stadtzentrum ermöglichen, sofern hierdurch zugleich ein zusätzlicher Nutzen im Stadtverkehr induziert wird z.B. durch die zusätzliche Bedienung aktuell nicht ausreichend durch den ÖPNV erschlossener Gebiete oder durch eine Angebotsverdichtung. Der Umstieg z.B. an der Stadtgrenze reduziert oftmals den Reisekomfort und erhöht die Reisezeit. Eventuelle Vorteile für Fahrgäste durch weniger Umstiege sind differenziert und für jede einbrechende Linie einzeln mit Hilfe des städtischen Verkehrsmodells zu betrachten und abzuwägen.” [Seite 205]

Eine weiter gute Zusammenfassung von Verkehr 4.0.

“Schließlich sollte auch die Qualität des Bestandsangebots gesichert bzw. gesteigert werden. So sollte durch eigene Busspuren und Bevorrechtigung in der Lichtsignaltechnik gewährleistet sein, dass der ÖPNV Vorrang vor dem MIV hat. Raumkonkurrenzen innerhalb des Umweltverbunds sollten gelöst werden. Als weitere Möglichkeit, um schnelle Entwicklungen auf der Angebotsseite zu realisieren, kommen auch sog „pop-up“-Busspuren in Betracht.” [Seite 205]

Verkehr 4.0 hat bereits 2020 bei den Landtags- und Bundestagsabgeordneten die Einführung von Busspuren auf allen mehrspurigen Bundesstraßen und der A8 gefordert. Die teils sehr unterschiedlichen Antworten haben zumeist die Verantwortung auf andere Beteiligte weitergegeben. Die Stadt Augsburg sollte sich hier nochmals deutlich für Busspuren einsetzten. Vor allem auf der B17 würden die Schnellbusse von deutlichen Zeitgewinnen provitieren – was auch für Rettungskräfte gilt.